Donnerstag, 11. Oktober 2007

Untote V - echte Untote

Ein seit dem 13. Jahrhundert vornehmlich in Mitteleuropa weit verbreiteter Glaube an einen unruhigen und schädigenden Toten ist der an den „Nachzehrer“ bzw. „Schmatzenden Toten“. Nachzehrer und Schmatzende Tote werden gemeinhin als begrabene Leichname beschrieben, die im Volksglauben ihr Totenhemd oder Leichentuch, vereinzelt auch Teile ihres eigenen Körpers verzehren, um damit Seuche und Krankheit über ehemalige Dorfnachbarn, Freunde und Verwandte zu bringen. Die von Nachzehrern betroffenen Menschen werden zunächst krank, bis ihnen der Untote durch sein Mahl nach und nach sämtliche Lebenskraft entzogen hat und sie schließlich sterben. Im Vergleich zu anderen Untoten, und im Besonderen auch dem Vampir, zeichnen sich Nachzehrer und Schmatzender Toter vor allem dadurch aus dass sie während des Vorgangs der Heimsuchung im Grab verbleiben und ihre Opfer ohne direkten körperlichen Kontakt über eine größere räumliche Distanz hinweg töten. Auch verfolgt der Nachzehrer in seinem „nicht-sterben“ keine übergeordneten Ziele, wie etwa göttliche Erlösung, sondern beschränkt sich in seinem Treiben allein darauf „andere Menschen sterben zu machen.“

Die eigentliche Ursache die zur Entstehung des Phänomens von Nachzehrer bzw. Schmatzendem Toten führte ist wenig spektakulär und heutzutage leicht zu erklären. Wie die Bezeichnung „Schmatzender Toter“ nahelegt, geht der Glaube an eine derartige Form des „untot-seins“ auf die Fehlinterpretation einer Reihe von Geräuschen zurück, die während des Verwesungsprozesses entstehen. Wurde der Tote nicht tief genug beerdigt, waren die blubbernden und gurgelnden Laute auch außerhalb des Grabes zu vernehmen und entsprechende (zeitgemäße) Erklärungsversuche schnell zur Hand. Wütete gleichzeitig noch die Pest oder eine andere Epidemie bot sich im Nachzehrer ein geeigneter Schuldiger an. Abschließend bleibt zu erwähnen, dass Untote in der Form von Nachzehrer bzw. Schmatzendem Toten natürlich nur in Gegenden möglich waren, in denen die Erdbestattung vollzogen wurde.

Quellen:
Kreuter, Peter Mario: Der Vampirglaube in Südosteuropa. Studien zur Genese, Bedeutung und Funktion. Rumänien und der Balkanraum. Berlin 2001.

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